Bürgerinformationssystem
Sachverhalt/Begründung:
Die Stadt Rödermark hat ein Darlehensportfolio mit einem Bestand von ca. 52 Millionen €. Mit den im Rahmen des Schutzschirmvertrags an das Land Hessen abgegebenen Darlehen errechnen sich ca. 64,2 Millionen € (Risiko des Rückfalls der Darlehen im Fall der Nichterfüllung des Schutzschirmvertrags).
Die Darlehen gliedern sich in Investitionskredite, mit fast ausschließlich langfristiger Zinsbindung (24,2 Millionen €) und Kassenkredite, mit einer Zinsbindung von einem Monat bis hin zu fünf Jahren (40 Millionen €).
Mit der Entscheidung über die Kreditaufnahme und die Zinsbindungsfrist hat die Stadt, gerade bei den langfristigen Zinsbindungen, keine weiteren Möglichkeiten, aktiv auf die Schuldendienstzahlungen für das Kreditgeschäft einzuwirken. Dies ist erst nach Ablauf der Zinsbindungsfrist, im Zuge von Verhandlungen über eine Umschuldung, möglich. Bei langen Zinsbindungsfristen ist die Kommune für viele Jahre gebunden. Sie ist zwar damit haushaltswirtschaftlich gesichert (hohes Maß an Planbarkeit), eine Auflösung bestehender Zinsbindungen zur Nutzung eines gesunkenen Zinsniveaus ist jedoch nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank möglich. Weiterhin können, sofern steigende Zinsen erwartet werden, die in der Zukunft liegenden Zinsänderungsrisiken, gerade bei den Kassenkrediten, nicht wirkungsvoll abgesichert werden.
Ein guter Indikator für die Entwicklung der Zinsen ist der 3-Monats-Euribor. Der Euribor ist der durchschnittliche Zinssatz, zu dem sich die meisten europäischen Banken untereinander Geld leihen. Er wird täglich ermittelt und dient unter anderem auch zur Festlegung von Hypothekendarlehen (Euribor plus Aufschlag). Im Oktober 2008 hatte der Euribor mit 5,3 Prozent seinen historischen Höchststand, im November 2014 beträgt er 0,09 Prozent. Diese Entwicklung in nur sechs Jahren zeigt, dass eine Steuerung der Zinsen erforderlich ist.
Aus diesem Grund wurden mit Banken, aber auch mit einem bankenunabhängigen Berater Gespräche geführt. Dabei wurde festgestellt, dass bei den Banken wenig Interesse besteht, Zinssicherungsverträge abzuschließen. Dies deshalb, weil die beratende Bank (Beratung ist bei Zinssicherungsverträgen vorgeschrieben) das Zinssicherungsgeschäft nicht selber abschließen darf. Diese Regelung wurde zur Sicherheit des Kunden eingeführt.
Gespräche mit dem bankenunabhängigen Berater haben ergeben, dass ein erhebliches Zinsrisiko bei dem bestehenden Darlehensportfolio der Stadt Rödermark existiert. Das Risiko in den nächsten fünf Jahren (Annahme: Zinsen steigen in zwei Jahren um zwei Prozent und bleiben dann konstant) beläuft sich auf rund 1,8 Millionen €. Das nachstehende Tableau verdeutlicht die Risiken in vier verschiedenen Szenarien.
Die in der Tabelle dargestellte aktive Zinssteuerung besteht aus zwei zusätzlichen Verträgen. Das ursprüngliche Darlehensportfolio der Stadt Rödermark bleibt unverändert. Hinzu kommen zwei Zinstauschverträge (Festzinszahler-Swap und Festzinsempfänger-Swap). Aus den Zinstauschverträgen sollen Zahlungen generiert werden, die den der Stadt Rödermark entstehenden Zinsaufwand reduzieren. Der Festzinszahler-Swap sichert die im Portfolio enthaltenen, variabel verzinslichen Darlehen gegen steigende Zinsen und der Festzinsempfänger-Swap senkt die Zinslast in den festverzinslichen Darlehen bei sinkenden Zinsen. Beide Verträge sind zu jedem Zeitpunkt kündbar und verändern das Darlehensportfolio nicht.
Der Umgang mit derivativen Finanzgeschäften ist für Hessen in den „Richtlinien zu kommunalen Anlagegeschäften und derivativen Finanzierungsinstrumenten“ geregelt. Nach Ziffer 10 der Richtlinie sind derivative Finanzierungsinstrumente nur als Zinssicherungsgeschäfte für bestehende Kredite oder für beabsichtigte Kreditaufnahmen im Rahmen einer beschlossenen Investitionsplanung zulässig. Auch dann sind grundsätzlich Zurückhaltung und eine eingehende, fachkundige und dokumentierte Beratung angebracht. Nach Ziffer 11 der Richtlinie erlässt die Gemeindevertretung allgemeine Richtlinien, die die Sicherheitsanforderungen, die Verwaltung der Geldanlage durch die Gemeinde und regelmäßige Berichtspflichten regeln, sofern Kommunen den Einsatz derivativer Finanzierungsinstrumente beabsichtigen. Gemäß Ziffer 12 der Richtlinie bedürfen Zinssicherungsgeschäfte keiner aufsichtsbehördlichen Genehmigung.
Um den Anforderungen der Richtlinie Rechnung zu tragen, soll ein Beratervertrag mit einem bankenunabhängigen Unternehmen abgeschlossen werden. Die Beratung erfolgt in der Form, dass Ausgestaltung der Zinssicherungsverträge vom Berater finanzmathematisch erarbeitet und der Stadt Rödermark zum Abschluss vorgeschlagen werden.
Es sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dass es sich bei den Zinstauschverträgen um keinerlei Spekulation handelt. Durch die Bindung an das Grundgeschäft (die bereits laufenden Darlehen) erfolgt ausschließlich eine Absicherung der Zinsbindungsstruktur. Andernfalls wäre der Umgang mit Zinsverträgen gemäß den Richtlinien des Landes nicht zulässig.
Bei dem Berater handelt es sich um ein renommiertes Unternehmen, das der Stadt Rödermark seit vielen Jahren bekannt ist. Es wurden fünf Referenzkunden in Hessen benannt, mit denen mittlerweile gesprochen wurde. Alle fünf haben bestätigt, dass die Sicherungsinstrumente greifen und prognostizierte Erfolge eintreten.
Um auch die zweite Anforderung der Richtlinie des Landes erfüllen zu können ist ein Entwurf der von der Stadtverordnetenversammlung zu erlassenden Richtlinien beigefügt. Er ist an die Musterrichtlinie des Deutschen Städtetags angelehnt und an die Erfordernisse für Hessen angepasst.
Beschlussvorschlag:
Die Stadtverordnetenversammlung stimmt der Absicherung des Darlehensportfolios der Stadt Rödermark zur Minimierung von Zinsrisiken zu. Vor Geschäftsabschlüssen ist die Beratung einer fachkundigen Bank und/oder eines externen Dienstleisters einzuholen. Der Magistrat wird ermächtigt, eine entsprechende Richtlinie gemäß dem in der Anlage befindlichen Entwurf zu erlassen.
Abstimmungsergebnis:
Zustimmung: Ablehnung: Enthaltung:
Anlagen 1. Entwurf einer Richtlinie für den Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten im kommunalen Zins- und Schuldenmanagement bei der Stadt Rödermark 2. Beratungsvertrag
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