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Auszug - Anfragen gem. § 26 Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung  

 
 
35. öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Rödermark
TOP: Ö 3
Gremium: Stadtverordnetenversammlung der Stadt Rödermark Beschlussart: (offen)
Datum: Di, 11.10.2005 Status: öffentlich
Zeit: 19:30 - 22:45 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Halle Urberach (Mehrzweckraum)
Ort: Am Schellbusch 1, 63322 Rödermark
 
Wortprotokoll
Beschluss

Die Stadtverordnetenvorsteherin verliest die Anfrage wie folgt:

Die Stadtverordnetenvorsteherin verliest die Anfrage wie folgt:

 

3.1     Anfrage der Fraktion Andere Liste/die Grünen
betr.: Bebauung Erzberger Straße

 

In der Erzberger Straße 25 sind dicht an dicht mit äußerst geringem Abstand zu den angrenzenden, längst bebauten Grundstücken drei Häuser hintereinander errichtet worden. Diese Häuser sind untereinander durch Garagen verbunden. Angrenzend in Richtung Dieburger Straße wurde ein weiteres Haus, von dem es heißt, es sei ein Dreifamilienhaus, errichtet.

 

Wir fragen den Magistrat:

 

1.  Entspricht diese Art der Bebauung den seinerzeitigen und heutigen Vorstellungen des Magistrats von einer städtebaulich wünschenswerten Entwicklung der Bebauung in Ober-Roden?

Bürgermeister Kern beantwortet Punkt für Punkt:

 

Zu 1.)
Nein.

 

2.  Hatte der Magistrat Einfluss auf die Gestaltung der Bebauung? Wenn ja, in welchem Umfang?

Bürgermeister Kern:

 

Zu 2.)
Da für das betreffende Gebiet keine Gestaltungssatzung besteht, konnte eine Beeinflussung der Gestaltung der Bebauung nicht stattfinden. Das Bauvorhaben war vielmehr gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Der Magistrat hatte deshalb zu prüfen, ob städtebauliche Aspekte dem Bauvorhaben entgegenstehen.

 

3.  Welches Verfahren im Verwaltungswege war maßgeblich und was sind die Rechtsgrundlagen für die Zustimmung des Magistrats zur Baugenehmigung?

4.  Ist dieses Verfahren unter Beachtung der evtl. Einflussmöglichkeiten des Magistrats eingehalten worden?

5.  Falls Frage 4 mit „ja“ beantwortet wird: Würde der Magistrat ein Bauprojekt dieser Art und mit diesen Auswirkungen erneut befürworten, wenn er darüber zu entscheiden hätte?

Bürgermeister Kern:

 

Zu 3.) – 5.)

I.
Erzbergerstraße 25

 

Mit dem Bauvorhaben – Neubau einer Hausgruppe mit 4 Einfamilienhäusern auf dem Grundstück Erzberger Straße 25, Flur 19, Flurstück 392/2 – befasste sich der Magistrat in seiner Sitzung vom 14.6.2004. Das Einvernehmen wurde nicht hergestellt. Es sollte vielmehr zunächst geprüft werden, ob für das Grundstück Erzberger Straße 25 für den Antragsteller auch eine weniger verdichtete Bebauung in Frage kommt.

 

Daraufhin teilte der Antragsteller am 24.6.2004 mit, dass das letzte Gebäude von der Erzberger Straße her nicht zur Ausführung kommen solle – statt 4 also nur 3 Einfamilienhäuser.

 

Gemäß Aktenvermerk sollte auf Anweisung des seinerzeitigen Bürgermeisters der Magistrat hierüber nach Eingang des – neuen – Bauantrages informiert werden.

 

Mit Schreiben vom 1.7.2004 teilte die Bauverwaltung dem Bauaufsichtsamt mit, dass das Einvernehmen erteilt werde, „wenn eine Planung mit einem Gebäude weniger vorliegt, damit eine verdichtete Bebauung umgangen wird“.

 

Mit Schreiben vom 7.7.2004 teilte der Antragsteller dem Kreisbauamt mit, dass bei dem besagten Bauvorhaben nicht 4, sondern nur 3 Einfamilienhäuser mit Garagen erstellt werden sollten. Noch am selben Tag erklärte das Kreisbauamt mit Vorbescheid das Vorhaben für grundsätzlich zulässig.

 

Zum geänderten Bauantrag erteilte die Bauverwaltung am 14.10.2004 das Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB. Eine vorherige nochmalige Befassung der Angelegenheit durch den Magistrat hatte nicht stattgefunden.

 

Die Baugenehmigung selbst wurde durch das Kreisbauamt am 21.4.2005 erteilt.

 

II.

Dieburger Straße 84 A

 

Noch vor Erteilung des Einvernehmens zum Bauvorhaben Erzberger Straße 25 war das ursprüngliche Grundstück aufgeteilt und ab der Fläche, auf welcher ursprünglich das 4. Haus errichtet werden sollte, dem Grundstück Dieburger Straße 84, Flurstück 393, zugeschlagen worden. Für dieses Grundstück wurde am 24.9.2004 eine weitere Bauvoranfrage zum Bau eines Einfamilienhauses, sozusagen als Zweitbebauung Dieburger Straße 84 A, eingereicht. Hierzu erteilte die Bauverwaltung mit Datum vom 19.10.2004 das Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB, weil es sich in die vorhandene Bebauung einfüge. Eine vorherige Befassung durch den Magistrat hatte nicht stattgefunden.

 

Die Baugenehmigung durch das Kreisbauamt wurde am 15.12.2004 erteilt.

 

III.

 

In seiner Sitzung vom 18.7.2005 hatte sich der Magistrat aufgrund von Beschwerden aus der Nachbarschaft mit der Angelegenheit befasst. Es wurde die Meinung vertreten, dass das Vorhaben nicht hätte umgesetzt werden dürfen. Auch in darauf folgenden Sitzungen wurde der Sachverhalt im Magistrat erörtert. Es wurde festgestellt, dass der Magistrat nach der geänderten Planung nochmals mit der Sache hätte befasst werden müssen.

Um derartige Fehler künftig zu vermeiden, wurde gegenüber der Fachabteilung deutlich gemacht, dass in Verfahren gemäß §§ 34, 36 BauGB der Magistrat bis zur Abgabe einer Erklärung gegenüber der Bauaufsicht zu beteiligen ist.

 

6.  Falls Frage 4 mit „nein“ beantwortet wird: Was gedenkt der Magistrat zu tun, um solche Bausünden in Zukunft zu vermeiden?

 

Bürgermeister Kern:

 

Zu 6.)

Um derartige „Bausünden“ künftig zu vermeiden, stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: a) Überplanung der bebauten Ortsteile; b) restriktivere Verfahren bei Erteilung des Einvernehmens gemäß § 36 BauGB.

 

Zu a)                                                

Bereits Ende der 70-iger Jahre war das Bestreben vorhanden, für den ganzen Bereich des Gebietes östlich der Dieburger Straße Bebauungspläne zu erstellen. Dieses Vorhaben scheiterte. Die Planungen gelangten nicht zur Rechtskraft, da sich im Laufe der Verfahren immer mehr herausstellte, dass die bauliche Entwicklung unter Berücksichtigung der bereits damals vorhandenen Bebauung in diesem Gebiet nicht mehr sinnvoll steuerbar war. Es wurde vielmehr die Auffassung vertreten, dass eine Zulässigkeit von Bauvorhaben unter Beachtung der Forderungen des § 34 BauGB weitaus einschränkender und individueller zu prüfen sei als in einem beplanten Gebiet.

 

Aber auch bei einer Überplanung des Gebietes wäre – siehe Waldacker - nicht gewährleistet, dass findige Architekten Gesetzeslücken entdecken, da immer nur generelle Festsetzungen für Gebiete und nicht für jedes einzelne Grundstück getroffen werden können.

 

Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

 

Die städtebaulichen Aspekte beziehen sich auf die Definitionen der Baunutzungsverordnung. Die sonstigen Anforderungen werden in der Hessischen Bauordnung im Wesentlichen näher definiert. Darüber stehen jedoch immer wieder die Grundsätze der Gleichbehandlung und der gegenseitigen Rücksichtnahme.

 

Im konkreten Fall war nach Auffassung der Bauaufsicht des Kreises unter Berücksichtigung der vorhandenen Bebauung eine weitergehende Verdichtung des Gebietes zulässig.

 

Zu b)

Das Baugenehmigungsverfahren ist im Baugesetzbuch und der Hessischen Bauordnung geregelt. Genehmigungsbehörde ist die Bauaufsicht des Kreises Offenbach. Der Magistrat prüft die Zulässigkeit unter Berücksichtigung der Forderungen des § 34 BauGB. Die Entscheidung über die Baugenehmigung erfolgt sodann durch die Bauaufsicht im Einvernehmen mit dem Magistrat. Sofern der Magistrat sein Einvernehmen verweigert, prüft die Bauaufsicht alle rechtlichen Gesichtspunkte und kann bei offensichtlich rechtswidriger Versagung des Einvernehmens dieses ersetzen.

 

Zum verwaltungsinternen Verfahren ist auszuführen, dass dem Magistrat alle Anfragen und Anträge zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden, die einer Befreiung von den Festsetzungen von Bebauungsplänen bedürfen - außer bei Geringfügigkeiten.                                  

 

Bei Vorhaben, die in einem Gebiet nach § 34 BauGB (Gebiet innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile) durchgeführt werden sollen, werden diese Anträge vorgelegt, wenn die Forderungen des § 34 Abs. 1 BauGB nicht erfüllt werden, dies zweifelhaft erscheint oder es sich um Anträge im Zusammenhang des Denkmalschutzes handelt.

 

Sofern erkannt wird, dass ein Antrag die Forderungen des § 34 BauGB erfüllt, besteht für den Antragsteller ein Rechtsanspruch auf Baugenehmigung. Eine rechtswidrige Verweigerung des Einvernehmens bedingt eine Amtspflichtverletzung und löst ggf. Schadensersatzansprüche aus.

 

Wie schon ausgeführt, greift eine Beurteilung von Bauvorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB erheblich stärker in das Recht der Baufreiheit ein als dies mit der Aufstellung von Bebauungsplänen möglich ist. Bei Anwendung des § 34 BauGB sollen gerade die Auswirkungen auf die Nachbarschaft Eingang in das Baugenehmigungsverfahren finden, da ein wesentlicher Aspekt das Einfügen in die Umgebung ist. Diese Belange werden bei der Durchführung von Bauvorhaben im Geltungsbereich des Bebauungsplanes nicht berücksichtigt.

 

Zusatzfragen von Herrn Schäfer werden von Bürgermeister Kern beantwortet.