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Auszug - Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13.5.2009 betreffend Produkthaushalt 2009 bezüglich: "Sperrvermerk bei Aufwendungen für Pflanzmaßnahmen bei der Erschließung des Baugebiets An den Rennwiesen" hier: Widerspruch des Bürgermeisters gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 HGO  

 
 
29. öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Rödermark
TOP: Ö 4
Gremium: Stadtverordnetenversammlung der Stadt Rödermark Beschlussart: (offen)
Datum: Di, 07.07.2009 Status: öffentlich
Zeit: 19:30 - 21:55 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Halle Urberach (Mehrzweckraum)
Ort: Am Schellbusch 1, 63322 Rödermark
 
Beschluss

Bürgermeister Kern erklärt seinen Widerspruch für erledigt, weil durch den Hessischen Städte- und Gemeindebund festgestellt wurde, dass die Wirksamkeit des beschlossenen Sperrvermerks sich nur auf das Jahr 2009 beschränkt und in diesem Jahr keine Mittel

Bürgermeister Kern erklärt seinen Widerspruch für erledigt, weil durch den Hessischen Städte- und Gemeindebund festgestellt wurde, dass die Wirksamkeit des beschlossenen Sperrvermerks  sich nur auf das Jahr 2009 beschränkt und in diesem Jahr keine Mittel hierfür eingestellt wurden. Der Sperrvermerk wäre damit wirkungslos und ein Widerspruch geht ins Leere.

 

Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13.5.2009 betreffend


Produkthaushalt 2009;

hier: Sperrvermerk bei Aufwendungen für Pflanzmaßnahmen

         bei der Erschließung des Baugebiets „An den Rennwiesen“

 

 Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

 

hiermit erhebe ich gemäß § 63 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 HGO

 

W i d e r s p r u c h

 

gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13. Mai 2009 betreffend Antrag Lfd.Nr. 29 zum Produkthaushalt 2009, mit welchem „die Aufwendungen für Pflanzmaßnahmen bei der Erschließung des Baugebiets ‚An den Rennwiesen’ … mit einem Sperrvermerk zu versehen“ sind.

 

 

B e g r ü n d u n g :

 

Der Beschluss verletzt das Recht und gefährdet das Wohl der Gemeinde, weil er gegen den Satzungsbeschluss vom 10.7.2006 betreffend Bebauungsplan B 32 „An den Rennwiesen“ verstößt sowie den Erlass und die Vollziehung von Erschließungs-bescheiden rechtlich angreifbar machen würde. Außerdem könnte eine Reduzierung der vorgesehenen Pflanzmaßnahmen die Vermarktung von Baugrundstücken erschweren und sich somit als finanzieller Schaden zum Nachteil der Stadt erweisen.

  

A

Sachverhalt

 

In ihrer Sitzung vom 13. Mai 2009 hat die Stadtverordnetenversammlung im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über den Produkthaushalt 2009 unter

 

Antragsnummer 29  beschlossen, die Aufwendungen für Pflanzmaßnahmen bei der Erschließung des Baugebiets ‚An den Rennwiesen’ mit einem Sperrvermerk zu versehen“.  Der Ursprungsantrag war noch dahin gegangen, die besagten Aufwendungen „um 25% zu reduzieren“. Nach Hinweis des Bürgermeisters auf rechtliche Bedenken wurde der Antrag in die beschlossene Formulierung abgeändert. Dies ändert jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit.

 

Im Textteil des Bebauungsplanes B 32 heißt es unter

 

Anzupflanzende Einzelbäume innerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen“ u.a.:

 

„Innerhalb der Öffentlichen Verkehrsfläche sind mindestens 75, innerhalb der Öffentlichen Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung mindestens 10 sowie innerhalb der Öffentlichen Verkehrsfläche – Parkplatz je Anlage  mindestens 3 (Anm. d. Verf.: d.h. mindestens 6) einheimische und für den Straßenraum geeignete mittelgroße oder großkronige Laubbäume … anzupflanzen und im Bestand zu erhalten.“

(Anm. d. Verf.: Hieraus ergibt sich die Mindestzahl „91“.)

 

In der Begründung des Bebauungsplanes heißt es unter

 

„5.4  Grünordnerische Festsetzungen“ u.a.:

 

„Um eine ausreichende Durch- bzw. Eingrünung des Plangebietes sicherzustellen und eine Einbindung der zukünftig entstehenden Baulichkeiten in das Orts- und Landschaftsbild zu erreichen, beinhaltet der vorliegende Bebauungsplan eine Reihe von grünordnerischen Festsetzungen, die insbesondere der Ortsrandlage Rechnung tragen.

 

Dabei wird eine ausreichende Durchgrünung des öffentlichen Raumes vorgegeben. Die vorgesehenen Baumpflanzungen im Straßenraum dienen dabei nicht nur einer Gestaltung und Durchgrünung der Straßenzüge, sondern auch einer qualitativen Verbesserung des Wohnumfeldes und wirken sich zudem positiv auf das Mikroklima durch die Erhöhung des Grünvolumens innerhalb der Neubebauung aus. Vorgesehen sind regelmäßige Baumreihen aus großkronigen oder mittelgroßen Laubbäumen innerhalb der Straßenzüge. Um hier größtmögliche Flexibilität im Hinblick auf Leitungstrassen und Zufahrten zu gewährleisten, werden die Bäume im Plan nur als Hinweis wiedergegeben und die Anpflanzung ansonsten über die Vorgabe einer Mindestzahl sichergestellt. Dies ermöglicht es, im Rahmen der Ausbauplanung Rücksicht u.a. auf Ein- und Ausfahrten als auch auf Ver- und Entsorgungstrassen nehmen zu können. Besonders durch Baumgruppen hervorgehoben werden nach dem Grünkonzept dabei die Kreuzungsbereiche mit den in die Grünzüge integrierten Fuß-Radwegeverbindungen, die vom Randbereich in die Wohnbauflächen hineinragen und auch Spielplätze und Grünanlagen aufnehmen.“

 

B

Rechtliche Bewertung

 

1.

§ 63 Abs. 1 Satz 1 HGO

 

a)

 

Der Bebauungsplan B 32 „An den Rennwiesen“ wurde von der Stadtverordneten-versammlung am 10.7.2006 als Satzung beschlossen und am 13.7.2006 im „Neuen Heimatblatt Rödermark“ veröffentlicht und ist damit in Kraft getreten (§ 10 Abs. 3 Satz  4 BauGB). Die in dem Plan enthaltenen Festsetzungen sind für den weiteren Vollzug rechtsverbindlich (§ 8 Abs. 1 BauGB). Änderungen können nur in den dafür vorgesehenen rechtsförmlichen Verfahren beschlossen werden, nicht aber durch einfachen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (§§ 13, 13a BauGB). Der Beschluss vom 13.5.2009 stellt aber eine solche – nicht zulässige – Änderung der verbindlichen Vorgaben des Bebauungsplanes dar.

 

Inhalt des Bebauungsplans B 32 ist neben seinem Hauptzweck, nämlich der Ausweisung von Flächen für Wohnungsbau und Gewerbe, die Festsetzung von Flächen für das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen (§ 9 Abs. 1 Ziff. 25.a BauGB). Sinn und Zweck des angegriffenen Beschlusses ist es offenbar, zumindest einen Teil der vorgesehenen Bepflanzungsmaßnahmen nicht auszuführen, damit dadurch eventuelle Folge- oder Unterhaltungskosten in späteren Jahren eingespart werden können. Auch wenn eine dahin gehende Absicht verfolgt würde, wäre sie nicht durch einfachen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung herstellbar.

 

 

b)

 

Gemäß Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz ist die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden. Das bedeutet, dass kein Verwaltungshandeln gegen das Gesetz gerichtet sein darf. Hierzu zählt auch der in § 242 BGB normierte und ebenso im öffentlichen Recht geltende Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser besagt, dass die Bürger auf die Beschlüsse und Erklärungen vertrauen dürfen, die von den Organen einer Gemeinde öffentlich gefasst worden sind. In besonderer Weise gilt dies in Angelegenheiten der Siedlungsentwicklung, die für die Bürger in ihrer persönlichen Lebensplanung von erheblicher Bedeutung sein können.

 

Der beschlossene Sperrvermerk verstößt auch gegen das Bestimmtheitsgebot als Unterfall des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Aus dem mit Beschluss vom 13.5.2009 verfügten Sperrvermerk ergibt sich nämlich nicht, durch welches Gremium, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der Sperrmerk wieder aufgehoben werden kann. In letzter Konsequenz könnte der Sperrvermerk alle im Bebauungsplan festgesetzten Pflanzmaßnahmen betreffen. Der Willkür wären Tür und Tor geöffnet.

 

2.

§ 63. Abs. 1 Satz 2 HGO

 

a)

 

Der im Zusammenhang mit dem Produkthaushalt 2009 beschlossene Sperrvermerk zeigt für diesen noch keine Wirkung, da im laufenden Haushaltsjahr noch keine Mittel für Pflanzmaßnahmen im Baugebiet „An den Rennwiesen“ eingestellt sind. Er könnte also allenfalls in den Folgejahren eine Wirkung entfalten, wenn im Zuge der Erschließung die im Bebauungsplan vorgesehenen Anpflanzungen zu erfolgen hätten.

 

Zu den für die Ersterschließung notwendigen Kosten werden die Anlieger zu 90% herangezogen; 10% der Kosten bleiben bei der Stadt. Hinsichtlich der zu erlassenden Erschließungsbescheide könnte sich jedoch die Problematik ergeben, dass die Kosten für eine Aufpflasterung der Flächen, für die eigentlich die Anpflanzung von Bäumen vorgesehen war, nicht den jeweiligen Anliegern in Rechnung gestellt werden dürften. Festgesetzte Erschließungsbeiträge wären rechtlich angreifbar. Beitragsschuldner könnten ggflls. fehlende Fälligkeit geltend machen. Eine Beibehaltung des Sperrvermerks könnte deshalb die Erschließung des Baugebiets „An den Rennwiesen“ sogar nicht unwesentlich verteuern.

 

b)

 

In dem ebenfalls im Zusammenhang mit der Beschlussfassung zum Produkthaushalt beschlossenen Konsolidierungskonzept wird die Erwartung manifestiert, noch im laufenden Haushaltsjahr wie auch in den Folgejahren bis 2015 jeweils 700.000,- EUR jährlich aus Grundstücksverkäufen zu erlösen. Diese Erwartung könnte durch den Vollzug des Sperrvermerks konterkariert werden, weil potentiell Bauwillige im Hinblick auf eine von der Stadtverordnetenversammlung für richtig gehaltene Reduzierung der Pflanzmaßnahmen eventuell von einem Grundstückserwerb absehen.