Bürgerinformationssystem
Bürgermeister Kern erklärt seinen Widerspruch für erledigt, weil
durch den Hessischen Städte- und Gemeindebund festgestellt wurde, dass die
Wirksamkeit des beschlossenen Sperrvermerks
sich nur auf das Jahr 2009 beschränkt und in diesem Jahr keine Mittel
hierfür eingestellt wurden. Der Sperrvermerk wäre damit wirkungslos und ein
Widerspruch geht ins Leere. Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13.5.2009
betreffend Produkthaushalt 2009; hier: Sperrvermerk bei
Aufwendungen für Pflanzmaßnahmen bei der Erschließung des Baugebiets „An den Rennwiesen“
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
hiermit erhebe ich gemäß § 63 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 HGO
W i d e r s p r u c h gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13. Mai 2009 betreffend Antrag Lfd.Nr. 29 zum Produkthaushalt 2009, mit welchem „die Aufwendungen für Pflanzmaßnahmen bei der Erschließung des Baugebiets ‚An den Rennwiesen’ … mit einem Sperrvermerk zu versehen“ sind.
B e g r ü n d u n g :
Der Beschluss verletzt das Recht und gefährdet das Wohl der Gemeinde, weil er gegen den Satzungsbeschluss vom 10.7.2006 betreffend Bebauungsplan B 32 „An den Rennwiesen“ verstößt sowie den Erlass und die Vollziehung von Erschließungs-bescheiden rechtlich angreifbar machen würde. Außerdem könnte eine Reduzierung der vorgesehenen Pflanzmaßnahmen die Vermarktung von Baugrundstücken erschweren und sich somit als finanzieller Schaden zum Nachteil der Stadt erweisen.
A Sachverhalt
In ihrer Sitzung vom 13. Mai 2009 hat die
Stadtverordnetenversammlung im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über den
Produkthaushalt 2009 unter Antragsnummer 29 beschlossen, die
Aufwendungen für Pflanzmaßnahmen bei der Erschließung des Baugebiets ‚An
den Rennwiesen’ mit einem Sperrvermerk zu versehen“. Der Ursprungsantrag war noch dahin gegangen,
die besagten Aufwendungen „um 25% zu reduzieren“. Nach Hinweis des
Bürgermeisters auf rechtliche Bedenken wurde der Antrag in die beschlossene
Formulierung abgeändert. Dies ändert jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit. Im Textteil des Bebauungsplanes B 32 heißt
es unter „Anzupflanzende Einzelbäume innerhalb
der öffentlichen Verkehrsflächen“ u.a.: „Innerhalb der Öffentlichen
Verkehrsfläche sind mindestens 75, innerhalb der Öffentlichen Verkehrsfläche
besonderer Zweckbestimmung mindestens 10 sowie innerhalb der Öffentlichen
Verkehrsfläche – Parkplatz je Anlage
mindestens 3 (Anm. d. Verf.: d.h. mindestens 6) einheimische und für den
Straßenraum geeignete mittelgroße oder großkronige Laubbäume …
anzupflanzen und im Bestand zu erhalten.“ (Anm. d. Verf.: Hieraus ergibt sich die
Mindestzahl „91“.) In der Begründung des Bebauungsplanes heißt
es unter „5.4
Grünordnerische Festsetzungen“ u.a.: „Um eine ausreichende Durch- bzw.
Eingrünung des Plangebietes sicherzustellen und eine Einbindung der zukünftig
entstehenden Baulichkeiten in das Orts- und Landschaftsbild zu erreichen,
beinhaltet der vorliegende Bebauungsplan eine Reihe von grünordnerischen
Festsetzungen, die insbesondere der Ortsrandlage Rechnung tragen. Dabei wird eine ausreichende Durchgrünung des öffentlichen Raumes vorgegeben. Die vorgesehenen Baumpflanzungen im Straßenraum dienen dabei nicht nur einer Gestaltung und Durchgrünung der Straßenzüge, sondern auch einer qualitativen Verbesserung des Wohnumfeldes und wirken sich zudem positiv auf das Mikroklima durch die Erhöhung des Grünvolumens innerhalb der Neubebauung aus. Vorgesehen sind regelmäßige Baumreihen aus großkronigen oder mittelgroßen Laubbäumen innerhalb der Straßenzüge. Um hier größtmögliche Flexibilität im Hinblick auf Leitungstrassen und Zufahrten zu gewährleisten, werden die Bäume im Plan nur als Hinweis wiedergegeben und die Anpflanzung ansonsten über die Vorgabe einer Mindestzahl sichergestellt. Dies ermöglicht es, im Rahmen der Ausbauplanung Rücksicht u.a. auf Ein- und Ausfahrten als auch auf Ver- und Entsorgungstrassen nehmen zu können. Besonders durch Baumgruppen hervorgehoben werden nach dem Grünkonzept dabei die Kreuzungsbereiche mit den in die Grünzüge integrierten Fuß-Radwegeverbindungen, die vom Randbereich in die Wohnbauflächen hineinragen und auch Spielplätze und Grünanlagen aufnehmen.“ B Rechtliche Bewertung 1. § 63 Abs.
1 Satz 1 HGO a) Der Bebauungsplan B 32 „An den
Rennwiesen“ wurde von der Stadtverordneten-versammlung am 10.7.2006 als
Satzung beschlossen und am 13.7.2006 im „Neuen Heimatblatt Rödermark“
veröffentlicht und ist damit in Kraft getreten (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB). Die in dem Plan enthaltenen
Festsetzungen sind für den weiteren Vollzug rechtsverbindlich (§ 8 Abs. 1
BauGB). Änderungen können nur in den dafür vorgesehenen rechtsförmlichen Verfahren
beschlossen werden, nicht aber durch einfachen Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung (§§ 13, 13a BauGB). Der Beschluss vom 13.5.2009
stellt aber eine solche – nicht zulässige – Änderung der
verbindlichen Vorgaben des Bebauungsplanes dar. Inhalt des Bebauungsplans B 32 ist neben
seinem Hauptzweck, nämlich der Ausweisung von Flächen für Wohnungsbau und
Gewerbe, die Festsetzung von Flächen für das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern
und sonstigen Bepflanzungen (§ 9 Abs. 1 Ziff. 25.a BauGB). Sinn und Zweck des
angegriffenen Beschlusses ist es offenbar, zumindest einen Teil der
vorgesehenen Bepflanzungsmaßnahmen nicht auszuführen, damit dadurch eventuelle
Folge- oder Unterhaltungskosten in späteren Jahren eingespart werden können.
Auch wenn eine dahin gehende Absicht verfolgt würde, wäre sie nicht durch
einfachen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung herstellbar. b) Gemäß Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz ist die
vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden. Das bedeutet, dass kein
Verwaltungshandeln gegen das Gesetz gerichtet sein darf. Hierzu zählt auch der
in § 242 BGB normierte und ebenso im öffentlichen Recht geltende Grundsatz von
Treu und Glauben. Dieser besagt, dass die Bürger auf die Beschlüsse und
Erklärungen vertrauen dürfen, die von den Organen einer Gemeinde öffentlich
gefasst worden sind. In besonderer Weise gilt dies in Angelegenheiten der
Siedlungsentwicklung, die für die Bürger in ihrer persönlichen Lebensplanung
von erheblicher Bedeutung sein können. Der beschlossene Sperrvermerk verstößt auch
gegen das Bestimmtheitsgebot als Unterfall des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der
Verwaltung. Aus dem mit Beschluss vom 13.5.2009 verfügten Sperrvermerk ergibt
sich nämlich nicht, durch welches Gremium, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen
der Sperrmerk wieder aufgehoben werden kann. In letzter Konsequenz könnte der
Sperrvermerk alle im Bebauungsplan festgesetzten Pflanzmaßnahmen betreffen. Der
Willkür wären Tür und Tor geöffnet. 2. § 63. Abs.
1 Satz 2 HGO a) Der im Zusammenhang mit dem Produkthaushalt
2009 beschlossene Sperrvermerk zeigt für diesen noch keine Wirkung, da im
laufenden Haushaltsjahr noch keine Mittel für Pflanzmaßnahmen im Baugebiet
„An den Rennwiesen“ eingestellt sind. Er könnte also allenfalls in den
Folgejahren eine Wirkung entfalten, wenn im Zuge der Erschließung die im
Bebauungsplan vorgesehenen Anpflanzungen zu erfolgen hätten. Zu den für die Ersterschließung notwendigen
Kosten werden die Anlieger zu 90% herangezogen; 10% der Kosten bleiben bei der
Stadt. Hinsichtlich der zu erlassenden Erschließungsbescheide könnte sich
jedoch die Problematik ergeben, dass die Kosten für eine Aufpflasterung der
Flächen, für die eigentlich die Anpflanzung von Bäumen vorgesehen war, nicht
den jeweiligen Anliegern in Rechnung gestellt werden dürften. Festgesetzte
Erschließungsbeiträge wären rechtlich angreifbar. Beitragsschuldner könnten
ggflls. fehlende Fälligkeit geltend machen. Eine Beibehaltung des Sperrvermerks
könnte deshalb die Erschließung des Baugebiets „An den Rennwiesen“
sogar nicht unwesentlich verteuern. b) In dem ebenfalls im Zusammenhang mit der
Beschlussfassung zum Produkthaushalt beschlossenen Konsolidierungskonzept wird
die Erwartung manifestiert, noch im laufenden Haushaltsjahr wie auch in den
Folgejahren bis 2015 jeweils 700.000,- EUR jährlich aus Grundstücksverkäufen zu
erlösen. Diese Erwartung könnte durch den Vollzug des Sperrvermerks
konterkariert werden, weil potentiell Bauwillige im Hinblick auf eine von der
Stadtverordnetenversammlung für richtig gehaltene Reduzierung der
Pflanzmaßnahmen eventuell von einem Grundstückserwerb absehen. |
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